Zurzeit behindert noch ein Baugerüst die freie Sicht auf das „Spooning“ in der Kollwitzstraße 56 in Prenzlauer Berg. Hier verkauft Diana Hildenbrand seit dem 29. Juli dieses Jahres ein ungewöhnliches Take-Away-Produkt: rohen Keksteig, englisch „Cookie Dough“. Die Wände sind in knalligem Miami Vice-Rosa gestrichen, auf einem Regal stehen Bonbonieren mit Marshmallows, Schokoperlen und Streusel, darüber appelliert ein leuchtender Schriftzug „forget your diet!“. 25qm ist das Lokal groß, dazu kommen 25qm Lager; es gibt zehn Innen- und im Sommer zehn Außenplätze. Rund 40.000 € hat die Gründerin in Umbau und Einrichtung investiert. Wie in einer Eisdiele gibt es einen mittig positionierten Tresen, darin acht eingelassene Edelstahlbehälter mit griffbereiten Kugelformern, daneben verschiedene Toppings und einen Topf flüssiger Schokolade.
Der Kunde hat die Wahl zwischen zwei Basis- und sechs Spezialsorten. Die Sorten variieren saisonal, zurzeit gibt es klangvolle Teige wie „Rocky Road“, bestehend aus Schokoteig mit Marshmallowcreme, gerösteten Walnüssstückchen und Vollmilchschokolade, „Caramel Overload“ aus Daim-Crunch, Vollmilch-Schokolade, salziger Karamellsoße und Fleur de Sel oder „Classic Lebkuchen“ aus hellem Keksteig mit belgischen Schokostückchen und Lebkuchengewürz. Die Basisvarianten kosten 1,90 € pro 65 Gramm schwerer Kugel (ca. 65 Gramm schwer), die Spezialitäten 2,10 € dazu kommen 0,50 € für Toppings. Der Durchschnittsbon beträgt 4,50 €, denn zwei Kugeln reichen den meisten Kunden aus – die höchste bisher bestellte Menge einer einzelnen Person bestand aus sechs Kugeln, berichtet die junge Gründerin. Dazu kommen seit neustem auch Kaffeespezialitäten, denn anders als ein Eis verlangen die süß-cremigen Keksteige geradezu nach flüssiger Begleitung. Und so hofft die junge Gründerin, mit dem Heißgetränkeangebot den Durchschnittsbon in Zukunft auf 7,50 € zu steigern.

Ursprünglich hat Diana Hildenbrand BWL studiert und als Personalreferentin gearbeitet, hegte aber schon lange den Wunsch, sich selbständig zu machen und suchte fortwährend nach der passenden Geschäftsidee. Nach Experimenten mit Cold Brew Kaffee kam die 36-Jährige während ihrer Elternzeit auf den rohen Keksteig. „Ich habe immer schon gern Teig genascht, aber während der Schwangerschaft durfte ich das wegen der rohen Eier nicht mehr“, erinnert sich Hildenbrand“, also habe ich die Auszeit genutzt, um Rezepte ohne Eier auszuprobieren und ein Konzept zu schreiben.“ Ihre aktuellen Teigkompositionen kommen ohne Eier und Backpulver aus, das zu Bauchschmerzen führen kann. Außerdem ist das Mehl wärmebehandelt, wodurch sich die Stärke aufspaltet und bekömmlicher wird. Übrigens können Kunden den Teig, den sie nicht roh verzehren, zuhause auch zu Keksen ausbacken – sie gehen nicht ganz so gut auf, aber ansonsten spricht nichts dagegen.
Bevor sie mit ihrem kleinen, fünfköpfigen Team den Laden bezog, war Hildenbrand vor allem auf Street Food-Märkten unterwegs, wo das Publikum experimentierfreudiger ist und besonders interessiert auf Food-Innovationen reagiert. „Cookie Dough ist ein sehr emotionales Produkt, und ganz klar etwas für Naschkatzen und Naschkater“, sagt Hildenbrand, „wenn Foodys unseren Stand sehen, haben sie gleich ein Lächeln auf den Lippen und freuen sich.“ Das Standgeschäft soll im kommenden Jahr weiter ausgebaut werden, ebenso das Catering-Angebot. Gerade hier ist es ein deutlicher Vorteil des Keksteigs gegenüber anderen Süßspeisen, dass er auch ohne Kühlung in Form bleibt, nicht schmilzt und oder schmiert. Für die Zukunft stellt sich Hildenbrand vor, Kekse auf allen Verarbeitungsstufen anzubieten, als Teig, als „half baked“ mit flüssigem Kern wie bei einem Lavacake und voll ausgebacken. „Aber á la minute gebacken und warm serviert“, sagt die Gründerin“, sonst sind sie schnell zu trocken.“ Nächsten Sommer möchte Sie Keksteig mit Eiskrem vermischt anbieten: „Wir sind noch in der Evaluierungsphase und probieren viel aus“, schließlich möchte sie ihren Kunden regelmäßig mit neuen Ideen überraschen. Cookie Dough-Cafés gibt es bereits in Rotterdam, London und New York. Oliver Numrich
Dieser Artikel erschien zuerst in der AHGZ.
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