The Bird Barbecue: Texanisches Barbecue

Beef Brisket, Ripps and Sausage – Rinderbrust, Rippchen und Wurst: das ist die Heilige Dreifaltigkeit des texanischen Barbecues, dem sich Michael Heiden und Alexander Konrath im The Bird Barbecue verschrieben haben. Das Anfang des Jahres eröffnete Lokal ist ein Ableger des viel beachteten Burger-Restaurants „The Bird“ in Berlin-Prenzlauer Berg. Während sich der aus England stammende Alexander Konrath um Organisation und Papierkram kümmert, ist sein Geschäftsleiter-Kollege Michael Heiden der „Pit Master“, also der Chef am Smoker. Denn beim Texanischen Barbecue wird nicht auf offener Flamme gegrillt, sondern mittels indirekter Hitze im Smoker gegart. Befeuert wird der Smoker ausschließlich mit Eichenholz aus Brandenburg. Er bildet das Herzstück der offenen Küche, die sich im hinteren Teil des rund 180qm großen, spartanisch eingerichteten Gastraums befindet. Etwa 80 Personen finden im Inneren Platz, weitere 70 im Außenbereich.

The Bird Barbecue Donald Burke
The Bird Barbecue Donald Burke

Eine Speisekarte gibt es so wenig wie Platzservice. Die Gäste bestellen die Getränke bei Barman Donald Burke, einem ausgewiesenen Craft Beer-Experten aus Kanada, ihr Essen direkt an der offenen Küche anhand einer Tafel. Dabei berät sie der Küchenchef höchstpersönlich. Wenn jemand das erste Mal im The Bird Barbecue einkehrt und Pulled Pork bestellt, dann schneidet Michael Heiden ihm ein Stück Beef Brisket ab und lässt ihn kosten. „Das ist es, was Du wirklich willst!“. Diese direkte Kommunikation zwischen Gast und Koch ist nicht nur erwünscht, sondern erforderlich, weil das streng nach texanischem Vorbild gestaltete kulinarische Konzept hierzulande weitestgehend unbekannt ist. „Ich liebe es, an der Meat Station zu stehen und mit den Leuten zu reden“, sagt Michael Heiden, „ich habe da die volle Kontrolle und wenn mir da etwas nicht gefällt, packe ich das keinem auf die Platte.“ Statt auf Tellern wird provozierend rustikal auf mit rosa Metzgerpapier bedeckten Tabletts serviert. „Ich würde mich freuen, wenn die Leute mit den Fingern essen würden wie in Texas“, sagt Heiden, „aber wir sind nicht so extrem, dass wir das Besteck wegpacken.“ Besonders schmerzt es den Barbecue-Puristen, wenn Gäste Soße über das Fleisch geben, bevor sie es probiert haben. „Bei uns ist nichts in Barbecue-Soße ertränkt, das Fleisch soll nach Fleisch schmecken. Wir brauchen nichts zu verstecken.“ Kein kleiner Anspruch in einem „Soßenland“ wie Deutschland… Der Self Service bei den Speisen hat noch einen weiteren Vorteil: Er ist effizient, spart Fachpersonal, das ohnehin rar ist. Das gesamte Team vom The Bird Barbecue besteht nur aus acht Mitarbeitern. Täglich stehen wenigstens sechs verschiedene Fleischsorten zur Auswahl, darunter Black Angus Rindfleisch von Creekstone Farms in Kansas, Rinderbacken aus Irland, Schwäbisch-Hällisches Landschwein und Lamm aus Neuseeland.

Das Garen im Smoker ist ein extrem langwieriger, fast 24 Stunden dauernder Prozess. Die Rinderbrust wird am Vortag gewürzt und für 18 Stunden in den Rauch gelegt. Danach muss sie drei bis vier Stunden ausruhen, bevor sie serviert werden kann. „Wir müssen überlegen, wie viele Stücke wir am nächsten Tag wahrscheinlich verkaufen werden“, erklärt Alexander Konrath, „oft klappt das gut, aber hin und wieder fällt eine Horde hungriger Partygäste ein und danach ist es vorbei. Wenn wir ausverkauft sind, sind wir ausverkauft.“ Weil sie keine Speisen garantieren können, nehmen sich auch grundsätzlich keine Reservierungen an. Bezahlt wird nach Gewicht wie an der Metzgertheke, der Durchschnittsbon liegt bei stolzen 34 Euro. Obwohl hier das Fleisch unbestritten im Mittelpunkt des Interesses steht, gibt es einige Beilagen, zum Beispiel Krautsalat, Wachtelbohnen, Maisbrot und das geniale Maisgericht „Elote en Vaso“ – alles wie auch die Essig- oder Senfsoßen selbst vor Ort hergestellt. Die meisten Probleme macht übrigens der Kartoffelsalat, weil viele deutsche Kunden ihr eigenen Lieblingsrezepte dafür haben und die richtige Zubereitung mit dem Heiden diskutieren wollen. Für klassische Werbung geben Heiden und Konrath kein Geld aus. Stattdessen setzen sie auf Mundpropaganda, Pressearbeit und Social Media. Gerade über Instagram, wo sie täglich einen Post absetzen, scheinen sie die Fans des Central Texas Barbecue gut zu erreichen: die Anhänger kommen aus ganz Deutschland angereist, um im Bird originalgetreu essen zu können. Nach einem YouTube-Video über das Restaurant flog sogar eine Gruppe Hardcore-Barbecue-Fans aus Spanien ein, um sich ein Wochenende lang der Völlerei im Bird Barbecue hinzugeben. In der Zukunft wollen sie eine besondere Form des Lieferservice ausbauen, das Drop-Off-Catering. Dabei wird das Fleisch fertig gegart, warm, am Stück zusammen mit allen Beilagen abgeliefert. Der Gastgeber kann seinen Gästen dann ein Premiumprodukt am Tisch aufschneiden und servieren, ohne Servicepersonal bezahlen zu müssen.

So funktioniert Central Texas Barbecue

Der Barbecue-Smoker entwickelte sich aus der Technik, Fleisch über mehrere Stunden bei niedriger Temperatur in einer mit Glut beheizten Erdgrube (Englisch: „Pit“) zuzubereiten, der Grillmeister wird als „Pit Master“ bezeichnet. Diese Methode wurde vor allem von Sklaven und einkommensschwachen Einwandererfamilien, darunter viele Deutsche, etabliert. Durch die schonende Art der Zubereitung konnte auch Fleisch verwendet werden, das ansonsten als minderwertig angesehen wurde und auf Grund von Zuschnitt und Struktur schwer über offenem Feuer zu garen war. Typisch für Gerichte beim Barbecue sind Fleischstücke mit hohem Fett- und Bindegewebsanteil oder einem ungünstigen Verhältnis zwischen Knochen und Fleisch, also oft eigentlich als Suppen- oder Schmorfleisch angesehene Stücke und Zuschnitte von Schwein und Rind. Grundsätzlich unterscheiden die Experten vier Barbecue-Regionen mit eigenen Stilen: Nord Carolina, East Carolina, Cansas City und Central Texas. Der Central Texas Barbecue Style kommt ohne viele Gewürze oder Soßen aus. Die Würzung („Rub“) besteht nur aus Salz und viel Pfeffer. Übrigens: Grillen im deutschen Sinne bezeichnet man in Texas nicht als Barbecue sondern „Grilling“.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung. Verbreitung oder Vervielfältigung auch auszugsweise nur mit Zustimmung des Autors ©OliverNumrich

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