Reinhard Tänzer ist ein Macher, einer, der etwas bewegt. Als VW-Manager hat er Lagerhallen für 50 Millionen Euro gebaut, die pünktlich fertig wurden und vom ersten Tag funktionstüchtig waren. Um das zu schaffen, braucht es Durchsetzungskraft „Wenn die Planungen abgeschlossen sind, müssen sie alle Änderungswünsche rigoros abblocken“ sagt Tänzer, „sonst funktioniert es nicht.“ Tänzer wurde in Neustrelitz, in der damaligen sowjetischen Besatzungszone geboren, und ist nach der Flucht der Eltern im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. In der 3.200-Seelen-Gemeinde Lychen im brandenburgischen Uckermqark, wenige Kilometer vor der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern, besitzt Tänzer eine Halbinsel im Wurlsee mit einem Hotel darauf. Die 30.00qm große Insel hat er 1994 von der Treuhand zusammen mit einem maroden Hotelgebäude von 1923 darauf gekauft und in den folgenden Jahren das Hotel neu errichtet. Außerdem gehören ihm in Lychen ein Café und eine kleine Pension in der Altstadt, die er zurzeit eigenhändig umbaut und im nächsten Jahr als Kanu-Herberge selbst betreiben möchte, die anderen Häuser sind verpachtet.
Erweiterung des Hotels führt zum Dauerstreit

Doch seit 2010 quält ihn die Brandenburger Landesregierung. Denn Tänzer will den Lindenhof erweitern. Das Haus ist seit 20 Jahren am Markt und beliebt: 70% Auslastung bei einer durchschnittlichen Verweildauer von vier Tagen. Aber die 30 zur Verfügung stehenden Betten sind zum dauerhaften Überleben zu wenig. Er möchte das alte Bootshaus erneuern, ein Baumhaus errichten und auf einer Wiese in der Inselmitte drei Ferienhäuschen aufstellen, um auf insgesamt 60 Betten zu kommen. Anders rechne sich die ganze Anlage einfach nicht. Das B-Plan-Verfahren ist nahezu abgeschlossen nach kostspieligen Zugeständnisse an Kommune und Umweltverbände, hängt der ganze Bau jetzt nur noch an einer einzelnen Stelle im Landesministerium für Infrastruktur und Landesplanung. „Wir haben in Brandenburg mittlerweile bis zu sieben verschiedene, sich überlappende Umweltschutzebenen“, klagt Tänzer, „vom Naturschutzgebiet über das Landschaftsschutzgebiet bis zum europäischen Vogelschutzgebiet haben wir alle Auflagen nacheinander erfüllt und die Pläne immer wieder angepasst.“ Das hat sechs Jahre gedauert und 80.000 Euro verschlungen.
Mecklenburg-Vorpommern als letzte Hoffnung

Einzig SPD-Ministern Kathrin Schneider verhindert jetzt noch, dass Tänzer mit dem Bauen beginnen kann. Ihr Ministerium verweigert die Zustimmung da der B-Plan nicht mit den Zielen der Raumordnung vereinbar sei. Konkret führe der Bau von weiteren Ferienhäusern zur Verfestigung einer Splittersiedlung. „Die Landesregierung zerstört mit einer solchen Verhinderungspolitik ein mittelständischen Unternehmen mit fast 100-jähriger Tradition in einem staatlich anerkannten Erholungsort“, ätzt Tänzer. Sie scheine sich nicht für die Lebensgrundlage der Menschen hier auf dem Land zu interessieren.“ In Mecklenburg, das Luftlinie vielleicht drei Kilometer entfernt liegt, wäre alles viel einfacher gewesen, ist er sich sicher. Dort handle die Regierung pragmatischer und wirtschaftsfreundlicher. Deshalb erwägt er als finale Eskalationsstufe die Umgemeindung nach Mecklenburg-Vorpommern anzustoßen. Immerhin gehörte Lychen bereits im frühen Mittelalter 150 Jahre lang zum nordöstlichsten Bundesland. Tänzer schwankt schwankt zwischen Resignation und Kampfeslust, am Ende sagt er: „Ich bin jetzt 68 Jahre alt“, sagt er, „innerhalb der nächsten zwei Jahre muss der Bau fertig sein, sonst verlieren am Ende 30 Leute ihren Arbeitsplatz.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung. Verbreitung oder Vervielfältigung auch auszugsweise nur mit Zustimmung des Autors ©OliverNumrich