Camp für mehr Mut und Kreativität bei F&B

Accor hat seine F&B Manager nach Berlin eingeladen, um sie zu ermutigen, die Restaurants als Aushängeschild zu sehen statt als Kostenfaktor.
„Würden Sie Ihre seiner Partnerin zum Valentinstag in ein klassisches Novotel-Restaurant ausführen, wo der Kellner die einzige Kerze am Tisch anzündet?“ fragt Accor Manager Volkmar Pfaff provokant und nimmt die Antwort vorweg: „Nein, denn häufig stimmt die Atmosphäre nicht.“  Das Management der französischen Hotelkette hat dieses Problem erkannt, denn viele seiner Restaurants in den Mittelklasse-Häusern der Marken Mercure und Novotel haben mit dem angestaubten Image zu kämpfen. Dagegen setzt Accor jetzt auf Emotionen und fügt sie in den Titel des zweitätigen Motivationsgipfel, der am 14. und 15. Februar 2019 im Mercure Hotel MOA Berlin unter dem Titel „Camp for F&B&E Lovers“ stattfand.  „Wir wollen den Betreibern vor Ort die Freiheit wieder zurück geben, selbst Ideen zu entwickeln“, sagt Pfaff, „denn der F&B Bereich trägt maßgeblich dazu bei, dass der Gast sich wohl fühlt.“ Dafür müsse aber die Atmosphäre stimmen und der Spirit der Beschäftigten.
Volkmar Pfaff mit dem „Big Chef“.

„Wir habe uns gefragt: Was haben wir im Management falsch gemacht? Wir haben Cost cutting betrieben und keinen Mut zugelassen, etwas auszuprobieren“, sagt Pfaff selbstkritisch. Als Accor Vor vier Jahren eine 30%ige Beteiligung an 25hours erwarb, das sehr erfolgreich Restaurants betreibt, war das ein „Wakeup Call“ für die ganze Gruppe: „Wir haben erkannt, welche Möglichkeiten wir auf der Straße lassen, welche Ertragskraft wir ignorieren statt sie mitzunehmen.“ Denn was die Restaurants der 25hours Marken wie „neni“ in Berlin oder „Paris Club“ in Düsseldorf von denen der Accor-Gruppe unterscheidet, sei nicht nicht die Qualität des Essens, sondern die Inszenierung, so Pfaff. Inzwischen würde den Mitarbeitern mehr Individualität zugestanden: Während früher alles stark durch Uniformen geregelt wurde., heißt es heute „Come as you are“ – inklusive Ohrring oder Tattoo, wenn der Stil zum Haus passt.

Dazu kommt ein grundsätzlicher Trend: Hotelgäste erwarten mehr Persönlichkeit. Das zeigt unter anderem der Erfolg von air b&b, denn er zeigt, dass immer mehr Gäste den persönlichen Austausch mit einer Gastgeber oder einer Nachbarschaft dem anonymen Hotel vorziehen. Ideen gibt es genug: „Auch ein Ibis ist frei, einen Afternoon-Tea zu veranstalten oder einen DJ reinzuholen“, sagt Pfaff. „Früher waren wir sehr streng in den Rahmenbedingungen: um die Marken nicht zu verwässern, haben wir die Kollegen vor Ort drangsaliert.“ Die Marken sollen auch zukünftig identifizierbar bleiben, aber innerhalb dessen könnten die Hoteliers kreativ sein. Als Beispiele nennt Pfaff ein Berliner Mercure, in dem regelmäßig ein Pub Quiz und ein Local Market für die Geschäfte in der Nachbarschaft stattfindet. Überhaupt die Nachbarschaft. Die Hotels und Restaurants sollen sich stärker vor Ort verankern als Dienstleister für die eigenen Nachbarn. So könnten Rezeptionen als rund um die Uhr geöffnete Abholstelle für Postpakete dienen und zugleich etwa Hemden und Anzüge für die Reinigung annehmen – eine Dienstleistung, die man ohnehin für die eigenen Gäste abwickelt. Ungenutzte Flächen sollen Gewerbetreibenden temporär günstig zur Verfügung gestellt werden – von Yoga-Kursen bis Coworking Space kann sich Pfaff vieles vorstellen. Zurzeit arbeitet Accor an einer entsprechenden Smartphone App, die alle Dienstleistungen, die an einem Standort angeboten werden, auch für Nicht-Gäste darstellt.
Eric Lassiaille, Unternehmensberater und Eigentümer Mercure Panorama Hotel Freiburg bei seinem Vortrag.

Upselling mit der richtigen Rhetorik

In Vorträgen, Panels und Workshops wurden konkrete Vorschläge für die Inszenierung von Accor Restaurants gegeben. so sprach Zeèv Rosenberg vom i31 als Gast über Recruiting, Dominik Wetzel demonstrierte, wie man Gerichte optimal präsentiert und Meike Zimmermann, wie man Drinks aufwertet. Eric Lassiaille, Unternehmensberater und Eigentümer des Mercure Panorama Hotel Freiburg, forderte die Zuhörer seines launigen Vortrags auf, im Umgang mit dem Gast mehr auf die Rhetorik zu achten. Es reiche nicht aus, einfach nur einen Aperitif anzubieten. Stattdessen müsse man individueller und persönlicher werden, zum Beispiel so: „Dürfte ich Ihnen vorne weg einen schönen Champagner anbieten? Ich habe den so und so auf der Karte. Oder vielleicht lieber ein Pfirsichlikör? Oder hätten Sie lieber ein Gläschen Aperol Spritz?“ Die Rhetorik steigere den Durchschnittspreis eines Couverts und auch das Trinkgeld. Lassiaille berichtet von einem Wettbewerb, den er unter seinen Kellnern ausgerufen hat, wer binnen einer Woche die meisten Flaschen eines Rosé verkaufen könne. Eine junge Kellnerin gewann den Wettbewerb haushoch mit einem rhetorischen Trick, der ihn selbst überraschte. Bevor sie den Rosé den Gästen anbot, schaute sie sich geheimnisvoll um und flüsterte dem Gast dann ins Ohr „Möchten Sie ein Glas dieses Rosé? Das ist der Lieblingswein meines Chefs, er trinkt ihn jeden Tag“. Die Gäste mussten den Eindruck gewinnen, es handele sich dabei um einen besonders guten und begrenzten Wein und bestellten. Auch sei es nach Lassiaille nicht dasselbe, ob man den Gast verabschiedet mit „Auf wiedersehen, schönen Abend noch“, oder mit „Danke für Ihren Besuch, wir hoffen, es war alles zu ihrer Zufriedenheit. Wann dürfen wir uns darauf freuen, dass sie uns wieder beehren?“ Diese beschwörende Rhetorik gelingt ihm dank des starken französischen Akzents selbstverständlich besonders gut.
In einer Podiumdiskussion erläuterte Head of Digital Alexander Schuster die Social Media-Strategie von 25hours Hotels: Die Hotels kommunizieren weltweit in einem Corporate Hotel-Profil auf Englisch, da sie sich auch ein weltweit Reisende wenden, die Restaurants hingegen unter eigenem Namen, lokal und in der jeweiligen Landessprache. 25 hours bekommt so viele Anfragen von Influencern, dass sie stark auswählen, mit wem sie zusammen arbeiten. Dabei geht es nicht nur um die Reichweite, sondern vor allem darum, ob die Zielgruppe zur Marke passt. „Unsere Währung sind die tollen Angebote, die unser Haus machen kann, deshalb müssen wir kein Geld geben“, so Schuster. Trotzdem würden professionelle Blogger die Beiträge als Werbung kennzeichnen, denn schließlich handelt es sich trotzdem um eine geschäftliche Beziehung.
Food bloggerin Annette Sandner von culinarypixel.de berät unter anderem das Pullman Berlin Schweizerhof bei der Auswahl der Influencer und glaubt, dass Hotels häufig die Qualität der Anfragen nicht richtig einschätzen können: „Ist es ein echter Influencer oder nur ein Schnorrer?“ Das Pullman setzt weitgehend auf Online-Marketing über fremde und eigene Kanäle, drückt nur noch selten Flyer, wie Direktorin Bianca Fuckel in der Diskussion erläutert. Bestimmte Menüs wie zum Valentinstag werden nur über ein einzelne Kanäle angeboten, um deren Wirksamkeit zu prüfen. Alle zwei Wochen gibt es ein F&B Meeting, auf dem besprochen wird, welche Themen in nächster Zeit auf Social Media inszeniert werden können. Die Influencer-Beauftragte kümmert sich auch um die Tischreservierung bei Anfragen und betreut Blogger und Instagrammer vor Ort.
Auf die Frage, ob klassische Printwerbung oder Social Media mehr einbringe, antwortet Alexander Schuster: „Blogger sind günstiger als Zeitungswerbung, auch wenn es vielleicht weniger Menschen lesen. Aber die Zielgruppe passt genau zu uns und der Beitrag steht zudem noch lange im Netz.“ Am Ende sei es wichtig, eine nachhaltige Partnerschaft zu den Medienpartnern aufzubauen und das gehe  Medium aufzubauen. Bei Printmedien müsse man jede Woche eine neue teure Anzeige schalten, damit eine Beziehung entsteht, bei Bloggern reicht eine Incentivierung und kommt er unbezahlt wieder, um die Geschichte weiter zu erzählen. Bei der Inszenierung des eigenen Restaurants gibt Schuster seinen Accor-Kollegen außerdem den Rat, zu vergessen, dass es in einem Hotel liegt, weil die Hotelmarke häufig nicht auf das Restaurant einzahlt: „Ihr habt kein Hotelrestaurant, sondern ein Restaurant, das zufällig in einem Hotel liegt.“
Im Workshop „Logo & Branding & Story“ konnten die Teilnehmer ihre Ideen für Gestaltung des Corporate Designs ihres Restaurants skizzieren, die dann vom Art Director Thomas Heckenberger professionell umgesetzt wurden. Direktionsassistent Alan Kruljac vom Novotel Nürnberg am Messezentrum stellt hier erste Farbmuster und mögliche Motive für die Bildsprache vor.
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