Noch vor zehn Jahren bedeutete israelische Küche Hummus, Baba Ganoush und Fleischspieße. „Fleischspieße waren in Tel Aviv das, was Currywurst in Berlin war: jeder hatte seinen Lieblingsort, wo es angeblich die besten gab“, erinnert sich Ariel Schiff. Der 53-jährige ist Gründer und Geschäftsführer der Amano-Gruppe ist Israel eng verbunden und verbringt regelmäßig seinen Urlaub dort. Er hat 2010 mit dem MANI in der Torstraße eines der ersten israelischen Restaurants in Berlin eröffnet. „Damals wurde ich belächelt und alle fragen: Warum machst Du das? Niemand hatte die Küche des Nahen Ostens auf dem Schirm.“ Durch seine persönliche Nähe ist Schiff frühzeitig auf die Experimentierlust einer neuen Generation israelischer Köche aufmerksam geworden. Noch ein anderer Umstand befördert das Interesse an israelischer Küche: Immer mehr israelische Staatsbürger leben in der deutschen Hauptstadt. „Für Israelis ist Berlin zurzeit die interessanteste Stadt außerhalb Israels“, sagt Schiff, „sie wollen sich hier kulinarisch austoben und wiederfinden.“ Das können sie nun auch in einem weiteren Lokal, denn Ariel Schiff hat mit dem AMO by Amano an der Friedrichstraße nicht nur das fünfte Hotel in Berlin eröffnet, sondern darin erneut ein israelisches Restaurant: Das JOSEPH.

Die Wände sind mit schwarz-weißen Urlaubsfotos der Familie Schiff tapeziert, die vielen hellen Holztöne, die sonnengelben Fliesen in der offenen Küche und goldene Dekorationselemente verleihen dem Raum eine warme Atmosphäre. „Das Joseph soll das Lebensgefühl von Tel Aviv vermitteln“, sagt Hoteldirektor Sebastian Düpré, der auch für den Laufenden Betrieb im Restaurant verantwortlich zeichnet „es ist locker, schnell und vielfältig.“ Sein Name eine Reminiszenz an Ariel Schiffs Vater Joseph. Ihm ist auch der Signature-Cocktail „Joseph Schiff“ gewidmet, der aus mit dem im Nahen Osten beliebten Anisschnaps Arak sowie Birnen- und Enzian-Likör besteht (10,00 €).

Der Küchenstil ist ein „levantisches Streetfood“ mit all den Facetten und Einflüssen der Region; nicht koscher, nur auf Schweinefleisch wird verzichtet. Das kulinarische Konzept haben die Brüder James und David Ardinast aus Frankfurt zusammen mit dem israelischen Spitzenkoch Yossi Elad entwickelt. Elad betreibt weltweit sieben Restaurants, darunter „The Palomar“ in London und das „Machneyuda“ in Jerusalem. Die Karte ist komplett auf Englisch und auch nicht jeder im internationalen 15-köpfigen Team spricht Deutsch, aber dafür zahlreiche andere Sprachen. Bereits zum Lunch füllen die Mitarbeiter der Büros und Start-ups aus der Nachbarschaft die 60 Innenplätze, für den Abend muss man reservieren, denn schon zwei Wochen nach der Eröffnung Mitte Juni ist das Restaurant abends meist ausgebucht.

Nur bei wenigen Gerichten taucht die israelische Nationalspeise Hummus als Bei- oder besser Unterlage auf. Häufig gehört aber das kräftig geröstete Fladenbrot aus dem hauseigenen Tandoori-Ofen dazu. Dieses Laffa-Brot gibt es als Vorspeise für 1,00 € und es findet sich auch unter dem Meeresfrüchte-Musakhan (15,50 €), während das Hühnchen-Musakhan für 16,50 € auf dem dünneren Pita-Brot mit je einem Klecks Tahini und Harissa serviert wird. Am Spieß gebratenes Rinderfilet oder Hühnerfleisch mit Laffa und Dips gibt es ab 11,50 Euro, Minutensteaks für 23,00 Euro. Ihren intensiven Geschmack verdanken die Gerichte den großzügig eingesetzten orientalischen Gewürzen wie Sumach, Kreuzkümmel oder Ras el-Hanout. Die Weinkarte enthält neben deutschen und italienischen Weinen auch einige aus Israel wie den Chardonnay-Semillon-Cuvé „Vision“ vom Weingut Teperberg 1870 (35,00 €/Flasche) aus der Region Samson oder den Cabernet Sauvignon-Shiraz-Verschnitt „Jonathan Red“ von Recanati in Galiläa (5,50 € für 0,1l).
Die Crew des Joseph managed im Sommer auch die kleine Bar und den Grill im Innenhof des Hotels. Noch in 2019 ist die Eröffnung eines weiteren Amano-Hotels in der Stralauer Bucht vorgesehen, ein siebtes Haus in Berlin ist in Planung.