Cosy Hospitality: Digitaler Hybrid zwischen Air B’n’b und 4-Sterne-Hotel

Das Berliner Startup COSI Hospitality möchte das Gastgewerbe revolutionieren mit Hotels, die ohne Lobby, Rezeption oder Restaurant auskommen und stattdessen datengetrieben funktionieren, mit viel smarter Technik im Hintergrund.
Gegründet wurde COSI von den Serien-Entrepreneurs Dimitri Chandogin, Gerhard Maringer und Christian W. Gaiser, die aus ihren bestehenden Unternehmen bereits Erfahrungen aus den Bereichen Immobilienwirtschaft, digitale Bezahldienste und Onlinewerbung mitbringen. „Wir wollen eine neue Kategorie für Übernachtungen schaffen, die es so noch nicht gibt“, erklärt Christian W. Gaiser, „dazu verbinden wir hohe Qualität mit einer starken Technologie.“ Der Gast soll mit dem digitalen Consierge nur die Spitze des Dateneisbergs wahrnehmen – den Großteil der technischen Prozesse bemerkt er nicht, etwa die effiziente Organisation der Zimmerreinigung, die automatische Rechnungslegung oder die Überwachung der Umgebung. „Cosy wirkt nicht wie ein Hotel, sondern ist eingebettet in den lokalen Kiez, der Gast fühlt sich wie ein Einheimischer“, beschreibt Gaiser die Vorteile seines Konzepts, „unsere Zimmer sind größer und dabei brauchen wir weniger Fläche für Service-Räume.“
Das neue Angebot soll zunächst vor allem Touristen ansprechen, mit Zimmern in urbanen Lagen in Top A-Destination in Deutschland. Eine Ausdehnung auf B- und C-Lagen sowie das Ausland ist danach vorgesehen. Im Unterschied zu Air BnB will COSY verlässliche Standards bieten, etwa bei Ausstattung, Innendesign und Sauberkeit, sowie einen sicheren Rechtsrahmen. Das macht COSY in den Augen seiner Gründer zu einem Partner der Kommunen, die gegen missbräuchliche Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen wollen. COSY setzt stattdessen auf Übernahme und Umbau bestehender Hotels als Managementbetriebe, auf die Umwidmung von Gewerberäumen und die Nutzung von kleinteiligen Objekten, in denen wenigstens fünf Zimmer untergebracht werden können. Denn anders als in herkömmlichen Hotels, soll es weder festes Personal vor Ort, noch öffentliche Bereiche geben. Der Gast bucht online und checkt über sein mobiles Endgerät selbständig ein. Die Zimmertür öffnet er mit dem digitalen Schlüssel ebenfalls über sein Handy. Wenn der Gast bei Abreise auscheckt, versendet die von COSY entwickelte Software automatisch die digitale Rechnung und aktualisiert die optimale Route für das mobile Housekeeping.
Vor allem in das digitale Schlüsselsystem muss COSY investieren, denn wenn keine Mitarbeiter vor Ort sind, die bei Problemen helfen können, muss dieser Prozess optimal funktionieren. „Wichtig sind gute Fallback-Lösungen, etwa eine PIN für den Notfall“, sagt Gaiser, „denn diese Problemfälle machen vielleicht nur 2-3% aus, aber sie können einen Großteil der Kosten verursachen.“ Anfangs werden alle Dienste über eine mobil nutzbare Webseite angeboten, später soll eine eigene App dazu kommen, die auch einen digitalen Consierge enthält. Damit sind zusätzliche Service-Angebote lokaler Partner gemeint wie Lieferdienste, Sightseeing-Anbieter oder Fahrradverleiher.
Ds Fehlen eines Frühstücksrestaurants sieht Gaiser aufgrund einer neuen Reisementalität nicht als Nachteil an: „Die jüngere Zielgruppe, die für ein paar Tage nach Berlin fährt, will nicht im Hotel frühstücken, sondern im angesagten Café um die Ecke. Die gehen auch nicht ins Hotelfitness, sondern machen ihre Aktivitäten draußen.“ Cosy erleichtert der Verzicht auf diese Angebote das Wachstum, weil dadurch mehr Objekte in die Auswahl kommen und weil komplizierte Feinabstimmungen etwa für den Gastronomiebereich entfallen. „Oftmals tragen die Restaurants im Hotel nichts zur Wertschöpfung bei, sondern sind ein Kostenfaktor“, so Gaiser. Indem Cosy ganz darauf verzichtet, spart man  nicht nur Investitions- und Betriebskosten, sondern hat auch eine Personalsorge weniger.
Je nach Ausgangslage werden einige Zimmer auch eine kleine Küche beinhalten, obwohl das Vorhandensein einer Küche laut Gaiser selbst bei Service Appartements und Ferienwohnungen immer unwichtiger wird, weil angesichts des gastronomischen Angebots in Großstädten und der Lieferdienste generell immer weniger Menschen selbst kochen – erst recht nicht die avisierte Zielgruppe.
Um Probleme mit der Nachbarschaft von vorne herein zu reduzieren, wird an jedem Standort Notrufdienste und ein Noise-Control-System installiert, damit im Ereignisfall ein Mitarbeiter nach dem Rechten sehen kann. Langfristig ist auch ein Bewertungssystem für die Gäste geplant, wie es auch bei Air BnB und anderen Community-Marktplätzen üblich ist, um problematische Kunden identifizieren zu können, Stichwort „Know your Customer“. „Wir wollen zufrieden Gäste haben, aber wir müssen auch sicherstellen, dass die Gäste sich auch gegenüber dem Umfeld benehmen“, sagt Gaiser. Die Zeiten, in denen man nur auf das Wohl der Kunden achtet, seien vorbei. Man müsse stattdessen auch darauf achten, dass die Nachbarn und sonstige Stakeholder zufrieden sind, um langfristig bestehen zu können.
Preislich soll COSY in der 4-Sterne-Kategorie angesiedelt sein, wobei ein das Pricing stark vom Objekt abhängt und ohnehin sehr dynamisch orientiert ist. „Auch beim Pries werden wir  vieles austesten“, so Gaiser, „schließlich komme ich aus einer Welt, in der man ständig A-B-Test fährt und das werden wir da auch machen, um alles zu optimieren.“
a&o Hostel: Selfcheckin
Auch im Schulz Hotel, das die Seriengründer Sascha Gechter, Oskar Kan und Nizar Rokbani  2018 am Berliner Ostbahnhof eröffneten, kann der Gast eigenständig einchecken und zur Türöffnung sein Smartphone verwenden. Allerdings ist der digitale Türschlüssel nach wie vor eine Herausforderung, weil das Schulz sowohl Zimmer als auch einzelne Betten verwendet. „Wenn die Gäste in einem Mehrbettzimmer unterschiedliche An- und Abreisetermine haben, wird es sehr komplex, dafür brauchen wir eine riesengroße Matrix“, erklärt Nizar Rokbani, innerhalb des Führungstrios zuständig für Operations, Vertrieb und Marketing. Rokbani glaubt, dass COSY funktionieren kann, weil damit eine Nische besetzt wird und es an Orten präsent sein kann, an denen bisher keine Übernachtung möglich war: „Es gibt für alles irgendwie einen Markt!“. Für sich selbst bevorzugt er allerdings entweder ein klassisches Hotel mit Service oder zu Gast bei Gastgebern zu sein so wie es Vermittlungsplattformen ermöglichen.
Marketingleiter bei a&o Hotels und Hostels Phillip Winter. Bildnachweis: ©a&o Hostels
Marketingleiter bei a&o Hotels und Hostels Phillip Winter. Bildnachweis: ©a&o Hostels

Auch a&o Hostels experimentiert mit Self Checkins und installiert bis Ende des Jahres 30 Terminals in seinen Häusern. Auch der Checkin via Smartphone ist möglich. „Wir befinden uns noch im Testbetrieb – verzeichnen hier allerdings deutlich mehr fehlerfreie, als fehlerbehaftete Check-Ins am Tag“, sagt Marketing Officer Phillip Winter, „inklusive Bezahlvorgang laufen rund 90% fehlerfrei durch.“ Auch Ticketverkäufe, Parkplatzreservierungen oder Aufenthaltsverlängerungen sollen bis Ende dieses Jahres implementiert werden. Auch an der Türöffnung über den mobile key arbeitet a&o. „Das heißt aber nicht, dass wir Personal einsparen oder gar auf unsere Mitarbeiter an der Rezeption verzichten werden“, stellt Winter klar. Im Gegenteil würden die Bedeutung der Rezeptionisten zunehmen und diese die Rolle des Gastgebers übernehmen. Den Verzicht auf die Rezeption wie bei COSY geplant kann sich Winter bei &o deshalb nicht vorstellen: „Hotellerie und Hostellerie bedeuten Gastlichkeit, Kommunikation und sozialer Austausch. Hierfür ist und bleibt die Rezeption als Ort ein Herzstück.“

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